Menschen lügen, ständig und überall. Deutsche Wissenschaftler behaupten nun: Ehrlichkeit lässt sich womöglich künstlich fördern – ausgerechnet durch das vermeintliche Macho-Hormon Testosteron.
Eigentlich ist alles ganz einfach: Wir sollen immer hübsch die Wahrheit sagen. Uneigentlich lässt sich das im Alltag kaum durchhalten. Wer seinem Partner oder seinem Chef ständig unverblümt sagen würde, was ihm gerade durch den Kopf geht…nein, lieber nicht drüber nachdenken….
Fakt ist: Menschen lügen. Ständig. Mal sind es kleine Notlügen, mal dehnen sie die Wahrheit ein bisschen, mal sagen sie schlicht das Gegenteil von dem, was sie meinen. Lügen gehören zu unserem Alltag wie Atmen und Schlafen. Da stellt sich die Frage: Lässt sich Ehrlichkeit womöglich künstlich fördern?
Ja, behaupten zumindest deutsche Wissenschaftler um den renommierten Ökonomen Armin Falk von der Universität Bonn in einer neuen Studie. Und dafür ist ausgerechnet ein Hormon zuständig, das nicht unbedingt als menschlicher Weichspüler gilt: Testosteron.
Macho-Hormon
Das Sexualhormon kommt zwar sowohl bei Männern als auch bei Frauen vor, steht aber für angeblich typisch männliche Attribute: Es fördert die Libido und den Muskelaufbau. Außerdem soll es angeblich die Aggression und das Imponiergehabe steigern.
Doch seit einigen Jahren haben zahlreiche Studien zu der Rehabilitation des vermeintlichen Macho-Hormons beigetragen. Sie legten nahe, dass Testosteron auch bei Kooperation eine Rolle spielt. Und Falk und Co. zeigen nun: Das Hormon kann auch soziales Verhalten fördern.
Für ihr Experiment teilten sie 91 Männer mit einem Durchschnittsalter von 24 in zwei Gruppen. Die einen bekamen ein Gel auf die Haut, das Testosteron enthielt. Die anderen erhielten ein Placebo-Gel. Allerdings wussten weder die Freiwilligen noch die betreuenden Wissenschaftler, wer Testosteron bekommen hatte und wer nicht – um die Ergebnisse nicht zu verwässern.
Einen Tag später kehrten alle Probanden ins Labor zurück. Dort setzten sie sich in Einzelkabinen und nahmen einen Würfel in die Hand. Die Regeln waren ziemlich einfach: Je höher die gewürfelte Augenzahl, desto mehr Geld bekamen sie als Belohnung. Wohlgemerkt: Sie waren in der Kabine unbeobachtet – dementsprechend groß war die Verlockung zu schummeln.
Allerdings konnten die Wissenschaftler das hinterher überprüfen. Denn statistisch ist die Wahrscheinlichkeit für alle Zahlen von eins bis sechs gleich hoch. Will sagen: Ein Ausreißer nach oben ist ein klares Indiz für Schummelei.
Als Falk die Ergebnisse verglich, stellte er fest: Die Probanden mit höheren Testosteronwerten logen deutlich seltener. Sie gaben zum Beispiel in knapp 35 Prozent der Fälle an, die Zahl „Fünf“ gewürfelt zu haben – die andere Gruppe hingegen wollte eine „Fünf“ in 62 Prozent der Fälle geworfen haben. Statistisch ziemlich unwahrscheinlich.
Falk vermutet, dass das Hormon den Stolz steigert und mit ihm das Bedürfnis, ein positives Selbstbild zu entwickeln – und ein paar Euro reichen als Anreiz nicht aus, dieses schöne Gefühl aufs Spiel zu setzen. Dann sagt Mann doch lieber die Wahrheit.
Quelle:
Bernd Weber et al (2012). Testosterone Administration Reduces Lying in Men. PLoS ONE, Band 7, Nummer 10: e46774.