Etwa 250.000 Mal gähnen wir in unserem Leben, im Schnitt acht Mal am Tag – und häufig dann, wenn wir andere gähnen sehen. Aber warum ist Gähnen ansteckend? Eine neue Studie hat eine Antwort gefunden.
Bisher hielten Wissenschaftler menschliches Reflexgähnen für eine soziale Reaktion. Dazu bedienten sie sich zahlreicher Analogien aus dem Tierreich: Löwen gähnen sich beispielsweise gegenseitig an, bevor sie zur Jagd aufbrechen. Bei den Affen signalisiert das Alphatier seiner Horde durch Gähnen: Zeit zu schlafen!
Der Verhaltensforscher Frans de Waal von der US-Universität Emory, einer der renommiertesten Verhaltensforscher weltweit, hat sich jetzt in einer neuen Studie (.pdf) dem Phänomen des Reflexgähnens angenommen – und zwar in einem Experiment mit Affen.
23 erwachsenen Schimpansen im Alter von zehn bis 46 Jahren – vier Männchen und 19 Weibchen -, spielten de Waal und sein Kollege Matthew Campbell verschiedene Videos vor. Auf den etwa neun Sekunden langen Ausschnitten waren zwei verschiedene Szenen zu sehen: Mal gähnte ein Schimpanse, mal sah man ihn bloß beim Entspannen.
Diese Szenen hatte de Waal zuvor selbst mit einer Kamera aufgenommen – und zwar in verschiedenen Rudeln. Will sagen: Die 23 Schimpansen sahen in dem Experiment mal ein Mitglied ihrer eigenen Gruppe gähnen, mal einen fremden Affen. Und das wirkte sich erheblich auf ihre Reaktion aus.
Lagen die anderen nur so da, gähnten sie im Schnitt etwa zwei Mal – unabhängig davon, ob sie die Artgenossen kannten oder nicht. Anders war das Bild im Falle der Gähn-Videos. Wenn die Test-Affen fremde Schimpansen auf dem Video gähnen sahen, gähnten sie selbst drei Mal. Sahen sie jedoch ihre Kumpanen gähnen, dann machten sie es ihnen im Schnitt über sechs Mal nach.
Nun könnte man einwenden, dass sie ihren Bekannten schlicht mehr Aufmerksamkeit schenkten. Das Gegenteil war der Fall. Den Videoaufnahmen der gähnenden Fremden widmeten sie viel mehr Beachtung und schauten ihnen länger zu – und doch gähnten sie beim Anblick der Bekannten mehr. Warum?
Für de Waal spielt hierbei der so genannte ingroup-outgroup bias die entscheidende Rolle. Dahinter verbirgt sich vereinfacht gesagt der Gedanke, dass wir Artgenossen, die aus unserem Umfeld stammen (ingroup), mehr Aufmerksamkeit schenken als Fremden (outgroup). Wenn nun also jemand aus unserem Bekanntenkreis gähnt, dann tun wir es ihm gleich – denn so drücken wir unbewusst unsere Solidarität aus und steigern das Zusammengehörigkeitsgefühl.
Mit anderen Worten: Mitgähnen zeugt von Empathie. Zumindest bei Schimpansen. Aber nicht nur. „Das Phänomen des ansteckenden Gähnens ist bei Menschen noch nicht untersucht worden“, schreibt de Waal mit einem Anflug von Bedauern, „aber wir gehen davon aus, dass die Ergebnisse bei Menschen ähnlich wären.“
Hier ein kurzes Video eines mitgähnenden Schimpansen aus de Waals Versuch (zur Ansicht klicken Sie bitte auf das YouTube-Zeichen unten rechts):
"Ein Zeichen des Mitgefühls – Warum ist Gähnen ansteckend?!" http://bit.ly/eY8WPV #psychologie
RT @danielrettig: Schimpansen-Studie: Mitgähnen zeugt von Empathie http://bit.ly/edoohM #psychologie
Warum Gähnen ansteckend ist -> http://goo.gl/VUbLX
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Schimpansen-Studie: Mitgähnen zeugt von Empathie http://bit.ly/edoohM #psychologie