Der typische Selbstständige tickt anders als der typische Beamte – so weit, so klischeehaft. Aber lässt sich voraussagen, wer als Erwachsener den Sprung in die Selbstständigkeit wagt? Zwei britische Wissenschaftlerinnen haben es versucht.
Unser Erbgut ist zu 99 Prozent identisch. Nur in einem Prozent liegt die gesamte Bandbreite menschlicher Individualität. Angefangen bei der Hautfarbe über die Neigung zu bestimmten Erkrankungen bis hin zu charakterlichen Veranlagungen. Aber warum werden wir so, wie wir sind? Wieso wählen wir bestimmte Berufswege? Weshalb entscheidet sich der eine lieber für die Selbstständigkeit, während der andere eine Festanstellung bevorzugt?
Es würde kaum jemand bestreiten, dass Gründer und Selbstständige anders ticken als Beamte. Während die einen sowohl die Chancen schätzen als auch die Risiken in Kauf nehmen, bevorzugen die anderen Ordnung und Sicherheit. Aber wie kommt das?
„Unternehmertum ist eine Art geplantes Verhalten“, resümieren jetzt Ingrid Schoon und Kathryn Duckworth von der Universität von London in einer neuen Studie, „und dieses Verhalten beginnt schon früh im Leben.“
Lange beobachtet
In den vergangenen Jahren haben Wissenschaftler viele Fakten über Gründer gesammelt. Doch die Herangehensweise von Schoon und Duckworth ist ziemlich einzigartig. Für ihre Untersuchung griffen sie auf die British Cohort Study zurück, eine Langzeitstudie des Geburtsjahrgangs 1970. Darin sind mehr als 16.000 Personen enthalten, die innerhalb einer Woche auf die Welt kamen, und deren Werdegang seitdem systematisch erfasst wird. Schoon und Duckworth konzentrierten sich für ihre Auswertung auf jene 6200 Personen, die voll berufstätig sind. 561 davon waren selbstständig und führten ihr eigenes Unternehmen.
Nun analysierten die Forscherinnen sorgsam deren Werdegang. Ihre Leistungen in der Schule und ihr damaliges Sozialverhalten, welche Ziele sie als Jugendliche hatten, aber auch ihr Elternhaus. Und dabei fanden sie heraus: Offenbar verfügten die späteren Unternehmer bereits in jungen Jahren über gewisse Fähigkeiten. Schon im Alter von zehn waren sie selbstbewusster und hatten ein besseres Sozialverhalten als ihre Mitschüler, die in der Zukunft als Angestellte arbeiten würden. Und mit 16 äußerten sie bereits den Wunsch nach Selbstständigkeit.
Aber auch das Elternhaus hatte Einfluss auf den Lebensweg. Männliche Unternehmer verfügten wesentlich häufiger über einen Vater, der selber selbstständig war. Über die Gründe können Schoon und Duckworth jedoch nur spekulieren: Entweder die Sprösslinge nahmen sich daran tatsächlich ein Beispiel – oder aber sie hatten keine andere Wahl, als den Laden von Papi zu übernehmen.
Bei weiblichen Unternehmerinnen machten die Forscherinnen diese Beobachtung nicht. Hier war es unerheblich, ob ihr Vater selbstständig gewesen war. Viel mehr zählte der finanzielle Hintergrund der Eltern: „Familiäre Ressourcen wirken sich unmittelbar darauf aus, ob Frauen ihr eigenes Unternehmen gründen oder es bleiben lassen“, schreiben die Forscherinnen.
Offenbar sind Frauen beim Schritt in die Selbstständigkeit immer noch benachteiligt. Die Unterstützung der Eltern hilft ihnen dabei, den Sprung zu wagen – was allerdings immer noch selten vorkommt. Denn die Studie zeigte auch: Männer machen sich wesentlich häufiger selbstständig als Frauen.
Quelle:
Ingrid Schoon und Kathryn Duckworth (2012). Who Becomes an Entrepreneur? Early Life Experiences as Predictors of Entrepreneurship. Developmental Psychology.
„Schon im Alter von zehn waren sie [die zukünftigen Unternehmer] selbstbewusster und hatten ein besseres Sozialverhalten als ihre Mitschüler, die in der Zukunft als Angestellte arbeiten würden.“
Interessante Aussage 🙂 Kinder und Jugendliche mit schlechtem Sozial-Verhalten werden [auch leitende] Angestellte.
Jetzt wird mir vieles klar. Vor allem der Spruch „Der war als Kind schon Scheiße!“
Das hält manchen nicht davon ab, ganz im Gegenteil, es in die Zeitung zu schaffen und immer öfter auch in den Gerichts-Saal 🙂