Ein Hoch auf die Empathie: Es kann enorm helfen, sich in die Lage eines anderen Menschen zu versetzen – denn das führt einer neuen Studie zufolge zu besseren Entscheidungen.
Früher waren unter gläubigen Christen mal diese Armbänder in Mode, auf denen vier Buchstaben prangten: „WWJD“ – What would Jesus do? Die Abkürzung sollte den Träger daran erinnern, sich bei wichtigen Entscheidungen die Frage zu stellen, wie Jesus sich wohl verhalten würde.
Eine neue Studie zweier israelischer Psychologen untermauert jetzt die Sinnhaftigkeit dieses Sprüchleins – wenn auch nicht in einem religiösen Kontext. Ilan Yaniv und Shoham Choshen-Hillel von der Hebräischen Universität Jerusalem fanden heraus: Menschen treffen tatsächlich bessere Entscheidungen, wenn sie sich in die Lage eines anderen hineinversetzen.
Zu diesem Ergebnis gelangten die Wissenschaftler in zwei Experimenten. Bei einem davon sollten 92 Studenten den Kaloriengehalt von 20 Lebensmittel schätzen, darunter ein Becher Naturjoghurt, eine Ofenkartoffel oder ein Teller überbackene Nudeln. Als Anreiz lobten die Forscher eine Belohnung aus: Wer maximal 15 Prozent vom korrekten Wert entfernt war, konnte sich ein paar Dollar dazu verdienen.
Zunächst sollten alle Probanden ihre Angaben in einen Computer tippen. Danach konfrontierten die Wissenschaftler sie bei einigen Lebensmitteln mit fünf unterschiedlichen Schätzungen fremder Personen. Die eine Hälfte der Freiwilligen durfte ihre Meinung nun noch mal revidieren. Die andere Hälfte jedoch sollte sich ausmalen, wie sich ein anderer Testteilnehmer nun wohl verhalten würde. „Versetzen Sie sich in seine Lage und tippen Sie seine Schätzung in den Computer ein“, so die Aufgabe.
Mit anderen Worten: Die eine Hälfte der Probanden entschied ausschließlich für sich selbst, die andere Hälfte jedoch konzentrierte sich auf das Verhalten einer anderen Person. Kaum zu glauben, aber wahr: Diese unterschiedliche Perspektive wirkte sich beträchtlich auf die Schätzungen aus.
Wer für sich selbst entschied, ließ sich nicht wirklich von den fremden Meinungen beeinflussen – in 50 Prozent der Fälle blieben die Gruppenmitglieder einfach bei ihrer ersten Angabe! Ganz anders war das Bild bei denen, die sich in die Lage eines Mitmenschen hineinversetzen sollten: Sie behielten ihre erste Antwort nur in 17 Prozent der Fälle, sondern revidierten ihre Meinung häufig – und das wurde belohnt: Denn ihre Angaben waren sogar präziser. „Wer die Perspektive wechselt und sich in jemand anders hineinversetzt, trifft häufig bessere Entscheidungen“, sagt Yaniv.
Er erklärt sich den Vorteil des mentalen Rollentauschs damit, dass dies vor dem so genannten „egocentric bias“ bewahre. Dahinter verbirgt sich die allzu menschliche Tendenz, sich am liebsten auf sich selbst zu verlassen, eigene Ansichten kaum zu hinterfragen und selten zu ändern. Wer sich hingegen in jemand anders hineinversetzt, verzichtet auf geistige Scheuklappen – und trifft mitunter bessere Entscheidungen.
Quelle:
Ilan Yaniv und Shoham Choshen-Hillel (2012). When guessing what another person would say is better than giving your own opinion: Using perspective-taking to improve advice-taking. Journal of Experimental Social Psychology
Empathie ist superwichtig, weil der Großteil unseres Erfolges im Leben von Beziehungen zu anderen Menschen abhängt. Und in dieser Hinsicht sind wir umso besser, je besser wir in der Lage sind, uns in die Situatiation eins Anderen zu versetzen
DANKE