Angeblich sollen wir immer auf unser Herz hören. Die Macht dieser Weisheit beweist eine neue Studie: Wenn Menschen glauben, einen hohen Puls zu haben, verhalten sie sich anständiger – selbst wenn ihnen der Herzschlag nur vorgegaukelt wird.
„Listen to your heart, when he’s calling for you. Listen to your heart, there’s nothing else you can do. I don’t know where you’re going and I don’t know why, but listen to your heart before you tell him goodbye.“
Ich bin mir fast sicher, dass Sie die Zeilen erkannt haben. Sie bilden den Refrain des Roxette-Klassikers „Listen to your heart“. Damit besang das schwedische Popduo Ende der Achtzigerjahre die Lebensweisheit, derzufolge wir immer auf unser Herz hören sollen.
Natürlich ist der Ratschlag nicht wörtlich gemeint, das Herz steht hier eher für unser Bauchgefühl, unseren Instinkt. Dennoch ist das Sprüchlein ein gutes Indiz für die Magie des Organs, das uns nicht nur am Leben hält, sondern auch unseren Gemütszustand prägt. Dann zum Beispiel, wenn uns das Herz vor lauter Aufregung und Nervosität angeblich bis zum Hals schlägt. Und das kann sogar unsere Entscheidungen und unser Verhalten beeinflussen. Mehr noch: Es reicht schon die bloße Annahme, dass unser Herz schneller schlägt.
So lautet zumindest das Fazit einer neuen Studie, die bald im „Journal of Experimental Psychology“ erscheinen wird. Wissenschaftler um Jun Gu von der Universität von British Columbia konzipierten dafür vier verschiedene Experimente. Jedes Mal wurde den Testpersonen vorgegaukelt, dass sie ein neues Pulsmessgerät testen sollten, inklusive Pulsuhr und Kopfhörern. Doch Gu und Co. manipulierten die Geräte.
Gruppe A gaukelten sie einen Puls von 60 Schlägen pro Minute vor, Gruppe B jedoch einen Puls von 96. Währenddessen lasen alle Freiwilligen einen Brief, in dem sie um die Mithilfe an einem Anti-Diskriminierungsprojekt gebeten wurden. 30 Minuten sollten sie dafür opfern. Mit anderen Worten: Sie hatten die Chance, etwas Gutes zu tun. Erstaunlich: Aus Gruppe B halfen 40 Prozent – aus Gruppe A hingegen nur 17 Prozent.
In einem anderen Versuch hatte eine neue Gruppe von Freiwilligen die Gelegenheit, ihren Spielpartner zu betrügen. Und wieder war das Resultat ähnlich: Wer von einem normalen Herzschlag ausging, log in knapp 60 Prozent der Fälle. Jene mit angeblich hohem Puls betuppten nur in 30 Prozent der Fälle.
Gu erklärt sich das Ergebnis damit, dass der vermeintlich hohe Herzschlag bei den Probanden Stress auslöste. Und um den loszuwerden, verhielten sie sich moralisch einwandfreier – um ihr Gewissen zu beruhigen. „Wer auf sein Herz hört, beachtet ethische Grundsätze offenbar stärker“, sagt Gu.
Das wusste schon „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“
Quelle:
Jun Gu, Chen-Bo Zhong und Elizabeth Page-Gould (2012). Listen to Your Heart: When False Somatic Feedback Shapes Moral Behavior. Journal of Experimental Psychology: General
@Dee: 1000 Dank, mein Fehler, ich hatte die Zahlen vertauscht, jetzt ist es richtig. Und zwar so:
Test 1: Gruppe mit hohem Herzschlag entschied sich zu 40% für die gute Tat, Gruppe mit niedrigem Herzschlag nur zu 17%
Test 2: Gruppe mit hohem Herzschlag entschied sich nur zu 30% fürs Betuppen, Gruppe mit niedrigem Herzschlag hingegen zu 60%.
Daniel
Hm, ich verstehe das Experiment nicht ganz.
Gruppe A = 60 bpm, Gruppe B = 96 bpm.
Test 1 (gute Tat): Gruppe A = 40%, Gruppe B = 17 %
Test 2 (schlechte Tat): Gruppe B = 60%, Gruppe B = 30%
Die Folgerung, dass sich Gruppe B moralischer verhält kann ich bei Test 1 nicht nachvollziehen. In Test 1 verhält sich Gruppe A moralischer als Gruppe B, schließlich hilft Gruppe A doppelt so oft.
Oder sind die Zahlen dort nur vertauscht?