Ja, nein, jein – Grübeln macht unglücklich

Fällt es Ihnen schwer, Entscheidungen zu treffen? Hadern Sie im Nachhinein ständig mit sich, ob Sie wirklich die richtige Wahl getroffen haben? Lassen Sie das besser bleiben. Eine neue Studie zeigt: Grübeln macht unglücklich.

20.000 Entscheidungen treffen wir täglich. Einige davon sind eher banal: Duschen oder baden? Zum Frühstück Kaffee oder Tee? Am Wochenende ausschlafen oder früh aufstehen? Manche hingegen sind von weitaus größerer Tragweite – welchen Berufsweg wir einschlagen, wen wir heiraten, wo wir wohnen. So unterschiedlich all diese Entscheidungen sind, eines haben sie gemeinsam: Wir wollen hinterher glücklich und zufrieden sein. Theoretisch zumindest.

Praktisch jedoch gelingt das häufig nicht – auch deshalb, weil wir uns selbst im Weg stehen. Eine Einstellung, die an einen Klassiker der Gruppe „Fettes Brot“ erinnert. „Soll ich’s wirklich machen, oder lass ich’s lieber sein – ja, äh nein, ich mein: jein.“ Damit fassten die deutschen Rapper recht gut zusammen, was Psychologen seit einigen Jahren wissen: Eine Entscheidung ist eine ziemlich vertrackte Sache.

Nach Ansicht des legendären Sozialwissenschaftlers und späteren Ökonomie-Nobelpreisträgers Herbert Simon gibt es zwei verschiedene Strategien, seine Entscheidungen zu treffen. Entweder man gibt sich mit der erstbesten Option zufrieden (Satisficing) oder man sucht so lange nach Alternativen, bis die vermeintlich beste Lösung gefunden wurde (Maximizing). Und genau hier beginnt das Problem.

Es gibt im Leben nun mal leider keine Rückgängig-Taste wie auf dem Computer, obwohl wir die manchmal herbeisehnen. Dann nämlich, wenn wir uns im Nachhinein über eine Entscheidung ärgern, weil wir sie gerne revidieren würden. Zumindest bilden wir uns ein, dass wir uns falsch entschieden haben, und grübeln, grübeln, grübeln – und das macht unglücklich und unzufrieden. Aber warum eigentlich? Eine Antwort auf diese Frage haben jetzt Psychologen um Erin Sparks, Doktorandin an der Florida State Universität, in einer neuen Studie gefunden.

Im ersten Versuch füllten 86 Studenten zunächst verschiedene Fragebögen aus. Darin sollten sie angeben, inwieweit verschiedene Aussagen auf sie zutreffen. Etwa: „Das Beste ist mir gerade gut genug“ oder „Bevor ich mich entscheide, betrachte ich zunächst sorgfältig alle Optionen“. Mit anderen Worten: Sparks wollte herausfinden, ob die Probanden sich bereits mit der erstbesten Möglichkeit begnügten oder nach dem absoluten Optimum suchten.

Außerdem sollten die Probanden noch Angaben dazu machen, inwieweit sie sich um klare Entscheidungen drückten – ob sie etwa auf Reisen immer viel zu viel Klamotten mitnehmen, um auf Nummer sicher zu gehen; ob sie zumindest die Gelegenheit schätzten, ihre Meinung ändern zu dürfen – und ob sie das im wahren Leben öfters täten.

Danach sollten sich die Probanden ein anderes Experiment vorstellen. Dort hatten einige Teilnehmer die Gelegenheit, sich eines von sieben Postern auszusuchen und mit nach Hause zu nehmen – wobei sie ihre Meinung so oft wie möglich ändern durften. Die anderen mussten sich sofort für ein Poster entscheiden und durften ihre Wahl nicht mehr revidieren.

Sparks‘ Probanden sollten sich nun entscheiden, welches der beiden Szenarien ihnen lieber war. Ergebnis: Wer selbst zum Maximieren neigte, bevorzugte die erste Version, in der die Teilnehmer ihre Wahl revidieren konnten. Bei ihnen war zudem auch der Wille, im Alltag klare Entscheidungen zu treffen, wesentlich schwächer ausgeprägt.

Seelisches Unglück

Na und, jeder Jeck ist eben anders, würde der Rheinländer jetzt sagen. Wer nach der perfekten Lösung sucht, soll das eben tun. Einerseits stimmt das auch. Andererseits führt eine solche Herangehensweise tendenziell ins seelische Unglück.

Das zeigte der zweite Versuch, in dem 52 andere Studenten erneut die Fragebögen ausfüllten. Danach sollten die verschiedene Poster, etwa von Musikern, Städten oder Bildern, in eine Reihenfolge bringen – ihre Lieblingsdrucke weit vorne, die weniger schönen nach hinten.

Einige davon durften sie sich dann zur Belohnung mit nach Hause nehmen. Eine Woche später kontaktierte Erin Sparks die Teilnehmer erneut. Sie wollte herausfinden, wie zufrieden die Probanden mit ihrem Poster waren, ob sie es behalten oder womöglich schon wieder weggegeben hatten.

Und siehe da: Die Entscheidungsmaximierer waren mit ihrem Poster am unzufriedensten. Sie hatten sich die Poster wesentlich seltener an die Wand gehangen und sie häufiger an Freunde verschenkt als jene, die zum „Satisficing“ neigten. Wie kommt das?

Schuld ist laut Erin Sparks die mangelnde Verbundenheit der Entscheidungsmaximierer. Sie streben so sehr nach der optimalen Lösung, dass sie sich auch nach dem Entschluss noch fragen, ob sie die richtige Wahl getroffen haben – und dadurch bauen sie, übertrieben formuliert, keine Beziehung zu der getroffenen Option aus. Aber genau eine solche ist notwendig, um die „Kognitive Dissonanz“ abzubauen.

Dieser Gefühlszustand tritt immer dann auf, wenn wir uns für Option A entschieden haben, obwohl es auch noch Option B, C oder D gegeben hätte. Normalerweise sorgt der Spreading-Apart-Effekt dafür, dass uns die gewählte Alternative attraktiver erscheint, während die nicht gewählte unattraktiver wird.

Es sei denn, man hadert und grübelt immer weiter. Dann freundet man sich nie so richtig mit der Entscheidung an  – und steht sich und seinem Glück selbst im Weg.

Quelle:
Erin A. Sparks, Joyce Ehrlinger, Richard P. Eibach (2012). Failing to commit: Maximizers avoid commitment in a way that contributes to reduced satisfaction. Personality and Individual Differences. Band 52, Ausgabe 1, Seite 72–77.

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