Mieses Verhalten – Wie Menschen auf Gemeinheiten reagieren

Absichtliche Missetaten beurteilen wir harscher als versehentliche Fehltritte – unabhängig vom entstandenen Schaden.

„Was du nicht willst, das man dir tu …“ – Schon Kinder lernen, andere Menschen anständig zu behandeln. Doch wahr ist auch: Niemand hält sich daran immer und überall. Der eine hintergeht seinen Partner, der andere fälscht Spesen. Moralische Vergehen sind alltäglich.

Doch selbst wenn wir bisweilen betuppen und betrügen: Zumindest sind wir solchen Handlungen gegenüber äußerst kritisch eingestellt – so sehr, dass wir absichtliche Gemeinheiten dramatischer finden als unabsichtliche. Unabhängig vom entstandenen Schaden. So lautet das Fazit einer neuen Studie von Daniel Ames und Susan Fiske von der Princeton Universität.

In insgesamt fünf Experimenten sollten knapp 600 Personen unmoralisches Verhalten bewerten. Mal hatte der Chef eines Unternehmens durch falsche Entscheidungen Geld versenkt, den Gewinn der Firma geschmälert und damit gleichzeitig das Einkommen der Belegschaft – denn dessen Höhe hing vom Gewinn ab.

Doch die eine Hälfte der Befragten ging davon aus, dass der Manager diesen Verlust absichtlich herbeigeführt hatte – weil er glaubte, dass seine Angestellten künftig fleißiger seien, wenn sie auch mal weniger verdienten. Die andere Hälfte hingegen nahm an, dass er die Entscheidung mit besten Absichten getroffen und sich schlicht verzockt habe.

Nun sollten alle Freiwilligen angeben, wie schlimm sie das Verhalten des Chefs fanden (0: überhaupt nicht, 100: unverzeihlich). Und siehe da: Gruppe A vergab im Schnitt 65 Punkte, Gruppe B hingegen nur 4 Punkte. Der Schaden, den die Angestellten erlitten, war in beiden Fällen gleich – trotzdem fand die eine Gruppe die Tat wesentlich schlimmer.

Ähnlich war es in einem weiteren Experiment. Darin sollten die Teilnehmer bewerten, wie viel finanziellen Schaden eine Wasserknappheit verursacht hatte. Mal war deren Verursacher ein Bürger, der Wasser heimlich abgezweigt hatte, mal hatte es bloß zu wenig geregnet.

Das Ergebnis: Ging die Dürre auf fehlenden Niederschlag zurück, schätzten die Freiwilligen den Schaden richtig ein. War der dreiste Bürger schuld, gingen die Probanden hingegen von einem doppelt so hohen Schaden aus. Sie überschätzten also die Folgen des Problems – weil dessen Ursache fieses Kalkül war. Aber warum?

Wenn wir eine verwerfliche Tat bemerken, suchen wir einen Schuldigen. Wir wollen die Aktion moralisch verurteilen und am liebsten bestrafen. Menschen leben in Gemeinschaften. Da ist es evolutionär sinnvoll, jene zu tadeln, die dieser Gemeinschaft bewusst schaden wollen.

„Diese Überempfindlichkeit beschützt Gruppen nicht nur vor böswilligen Individuen“, sagt Ames, „dadurch überschätzen sie bisweilen das Ausmaß vorsätzlicher Schäden.“ Gleichzeitig erklärt dieser Mechanismus, warum sich schon Kinder gerne mit einem anderen Klassiker herausreden: „Das wollte ich nicht …“

Quelle:
Daniel Ames und Susan Fiske (2013). Intentional Harms Are Worse, Even When They’re Not. Psychological Science

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