„Made in Taiwan“ hier, „Assembled in China“ dort – viele Klamotten oder Handys werden in Billiglohnländern produziert. Warum kaufen wir die Produkte trotzdem?
Es ist schon seltsam: So richtig klasse findet dieses System der so genannten Sweatshops niemand. Das hält viele trotzdem nicht davon ab, T-Shirts für fünf Euro zu kaufen. Aber warum eigentlich nicht?
Mit dieser Frage beschäftigte sich nun Neeru Paharia von der Business School der Georgetown Universität in einer neuen Studie. Im ersten Experiment lasen 120 Studenten Informationen über einen Urlaub in der Karibik. Aber nur eine Hälfte der Freiwilligen erfuhr, dass viele Resorts ihre Angestellten schlecht bezahlten.
Nun sollten sich alle die Ferien in einem der dortigen Hotels vorstellen. Doch der eine Teil sollte einen gemeinsamen Urlaub mit Freunden imaginieren, der andere eine Reise der Freunde. Jetzt wollte Paharia wissen, wie die Probanden über „Sweatshops“ dachten, daher konfrontierte sie sie mit vier Aussagen.
Darunter: „Sie sind die einzige realistische Einnahmequelle für die Menschen in Entwicklungsländern“, „Ohne diese Industrie gäbe es dort gar keine wirtschaftliche Entwicklung“ oder „Andernfalls wären die Produkte nicht bezahlbar“. Kurzum: Paharia testete, ob die Freiwilligen Sweatshops ökonomisch rechtfertigten.
Und siehe da: Die Antwort war erheblich vom Urlaubsszenario abhängig. Am größten war die Zustimmung dann, wenn die Freiwilligen über eine gemeinsame Reise mit Freunden nachgedacht hatten. Waren die Freunde hingegen alleine verreist, war die Zustimmung gering.
Ein ähnliches Ergebnis erhielt die Forscherin in einem zweiten Experiment. Hier konfrontierte sie 137 Probanden mit Laufschuhen von Nike. Doch Gruppe A las: „Stellen Sie sich vor, die Schuhe kosteten eigentlich 175 US-Dollar, aber sie haben 75 Prozent Rabatt bekommen. Sie sind extrem zufrieden mit den Schuhen.“ Gruppe B sollte sich vorstellen, nur fünf Prozent Rabatt bekommen zu haben und einigermaßen zufrieden mit den Tretern zu sein.
Der Sinn der Sache: Bei Gruppe A erhöhte die Forscherin dadurch die Begehrlichkeit der Schuhe, bei Gruppe B hingegen nicht.
Dann sollten alle Freiwilligen angeben, wie glücklich sie mit den Schuhen wohl wären, wie gern sie sie besäßen und wie gut sie darin wohl aussähen. Und nun erfuhren alle, dass Nike ebenfalls auf das Sweatshop-System zurückgreife.
Ob das die Meinung veränderte? Jein. Die Mitglieder von Gruppe A konnten die Probanden das System eher akzeptieren – und wollten die Schuhe trotzdem gerne kaufen.
Offenbar treffen wir mitunter bewusst die Entscheidung, unfaire Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. Unsere eigenen Interessen und Wünsche helfen uns dabei, das System zu rechtfertigen. Dann nämlich, wenn wir diese Schuhe oder jenes Smartphone unbedingt haben wollen. Unsere moralischen Vorstellungen sind demnach ziemlich flexibel.
Quelle:
Neeru Paharia, Kathleen Vohs und Rohit Deshpandé (2013). Sweatshop labor is wrong unless the shoes are cute: Cognition can both help and hurt moral motivated reasoning. Organizational Behavior and Human Decision Processes, Band 121, Seite 81-88
wie heißt es so schön: Es ist schade aber wahr 🙁