Das Gesicht einer fremden Person wirkt sich nicht nur darauf aus, wie wir sie bewerten. Einer neuen Studie zufolge manipulieren diese nonverbalen Signale sogar unser Verhalten.
„Das menschliche Gesicht ist der wohl interessanteste Teil der Erdoberfläche“, sagte einst der deutsche Physiker Georg Christoph Lichtenberg – und das längst nicht nur, weil es unser Geschlecht signalisiert. In unserem Antlitz lässt sich auch sonst einiges ablesen: Unsere Laune zum Beispiel, häufig auch unser ungefähres Alter. Glaubt man einer neuen Studie von Patricia Chen, Psychologin an der Universität von Michigan, verrät unser Gesicht sogar noch mehr. Demnach schließen andere Menschen schon beim Anblick des Gesichts auf unsere Position – und lassen sich davon sogar manipulieren.
In einem Versuch zeigte Chen 35 Studenten Porträtfotos von den Dekanen amerikanischer Business Schools – und zwar von jenen Hochschulen, die in der Rangliste des „U.S. News and World Report“ auf den ersten 20 Plätzen standen. Die Probanden sollten nun auf einer Skala von eins bis sieben angeben, für wie kooperativ sie die gezeigte Person hielten. Und siehe da: Je besser die Position der Schule im Ranking, desto unkooperativer wurden die Dekane bewertet – ohne dass die Teilnehmer wussten, wie hoch die Schule in der Rangliste stand.
In einem zweiten Experiment sollten Studenten der Uni Michigan in einem Quiz gegen Gleichaltrige antreten. Den einen wurde vorgegaukelt, dass ihr Gegner von der Eliteuni Yale stammte – einer Hochschule, die einen besseren Ruf genießt als die Uni Michigan. Die andere Hälfte glaubte, gegen den Studenten einer wenig angesehenen Hochschule anzutreten. Jene Gruppe konnte sich also gewissermaßen überlegen fühlen.
Nun machte Chen mit ihren Forscherkollegen Fotos der Freiwilligen und zeigte sie anderen Personen, die mit dem Versuch nichts zu tun hatten. Verblüffend: Die Gruppe der vermeintlich überlegenen Studenten wurde als unkooperativer bewertet als Gruppe A. Offenbar führte alleine der Glaube an die eigene Überlegenheit bei den Probanden zu nonverbalen Signalen, die sich auf ihr Erscheinungsbild auswirkten.
Doch solche nonverbalen Hinweisen beeinflussen sich nicht nur, wie wir eine Person bewerten – sondern auch, wie wir uns ihr gegenüber verhalten. Das zumindest legt der dritte und letzte Versuch nahe. Hier bekamen 139 Freiwillige einen der Dekane aus dem ersten Experiment zugeteilt. Wieder hatten die Probanden keine Ahnung, um wen es sich dabei handelte – geschweige denn, wie hoch seine Uni in der Rangliste stand. Sie erfuhren lediglich, dass sie mit der Person das Budget für ihre Studentenorganisation aushandeln sollten. Kurios, aber wahr: Je höher die Dekane im Ranking standen, desto unkooperativer wurden sie angesehen – und desto weniger Geld forderten die Probanden von ihnen in der Simulation.
„Das Abschneiden in einer Rangliste wirkt sich nicht nur schädlich auf die Kooperationsbereitschaft aus, sondern auch auf die nonverbale Kommunikation“, resümiert Chen, „und diese Signale werden vom Gegenüber nicht nur bemerkt. Sie ändern auch dessen Verhalten.“ Offenbar verleiht das Gesicht so etwas wie natürliche Autorität. Mit der Konsequenz, dass andere uns automatisch für mächtiger halten – und uns weniger abverlangen. Wortwörtlich.
Quelle:
Patricia Chen et al. The hierarchical face: Higher rankings lead to less cooperative looks. In: Journal of Applied Psychology, forthcoming.
Zusammenfassend: Nonverbale Kommunikationsanker.
Zeichen, die wir über unsere Gestiken, Gesichtsausdrücke ( künstlicher wie oben oder natürlicher Natur) etc. senden sind letztlich nichts anderes als eine andere Kommunikationsebene, über die wir Eindrücke und Erinnerungen bei unserem Gegenüber hinterlassen.
(Nonverbale Kommunikation wäre somit viell. der noch interessantere Titel hier :))
Gedanklich wertvolle Alltagsforschung dieser Artikel!!
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