Wie reagieren Sie auf eigene Fehler? Lassen Sie sich davon entmutigen oder zusätzlich motivieren? Die Antwort ist nicht nur Einstellungssache – sondern tief in unserem Gehirn verankert.
Vor Kurzem habe ich bereits darüber geschrieben, warum Lob auch schaden kann. Dahinter stecken Erkenntnisse der renommierten Psychologin Carol Dweck von der Stanford-Universität. Sie ist davon überzeugt, dass es zwei Arten von Menschen gibt: Jene mit einem statischen Selbstbild (fixed mindset) gehen davon aus, dass Intelligenz und Talent angeboren sind. Wer hingegen über ein dynamisches Selbstbild (growth mindset) verfügt, lebt nach dem Motto „Übung macht den Meister“.
Dahinter steckt allerdings mehr als nur eine unterschiedliche Denkweise – sondern gleichzeitig auch eine Art Erfolgsindikator. Menschen mit statischem Selbstbild geben bei Hindernissen schnell auf, jene mit dynamischem Selbstbild wollen kämpfen. Menschen mit statischem Selbstbild nehmen sich eigene Fehler zu Herzen und lassen sich davon entmutigen, jene mit dynamischem Selbstbild wollen Fehler produktiv nutzen und daraus lernen.
Aber wie kommt das? Warum wächst der eine an seinen Fehlern, während der andere daran verzweifelt? Laut einer neuen Studie hat das eine ganze Menge mit unserer eigenen Einstellung zu tun – aber auch mit unserem Gehirn. Das ist das Ergebnis einer noch unveröffentlichten Studie, die bald im Fachjournal „Psychological Science“ erscheinen wird.
Der Buchstabe in der Mitte
Jason Moser, Psychologe und Assistenzprofessor an der Michigan State Universität, gewann dafür 25 Studenten (20 Frauen, 5 Männer), die sich der Eriksen–Flanker-Aufgabe stellten. Dabei sehen die Probanden auf einem Monitor eine Abfolge von fünf Buchstaben und sollen den Buchstaben in der Mitte zu identifizieren. Zunächst erscheinen dabei die vier flankierenden Buchstaben, Sekundenbruchteile später sehen die Teilnehmer den in der Mitte – den sie mit der Maus anklicken sollen.
Klingt simpel, ist es aber nicht – denn mal werden den Teilnehmern Buchstabenreihen á la „MMMMM“ gezeigt, mal jedoch Reihen wie etwa „MMNMM“. Sie sehen schon: Bei der ersten Option fällt die Wahl des mittleren Buchstabens ziemlich leicht, bei der zweiten jedoch weniger – vor allem deshalb, weil unser Gehirn bei einer vermeintlich stupiden Aufgabe dazu neigt abzuschalten.
So ging es auch den Probanden. In immerhin zehn Prozent aller insgesamt 480 Durchläufe machten sie Fehler – und das blieb ihnen nicht verborgen. Wortwörtlich. Moser hatte alle Teilnehmer während des gesamten Tests an ein EEG angeschlossen, das die elektrische Aktivität des Gehirns beobachtete und graphisch darstellte.
Als die Wissenschaftler nach dem Test die Denkweisen der Probanden überprüften, bemerkten sie einen interessanten Zusammenhang. Jene Studenten mit dynamischem Selbstbild lernten wesentlich besser aus ihren Fehlern – sogar messbar. Bei ihnen schlug das EEG ganz anders aus und zeigte hinterher stärkere Signale. Mit anderen Worten: Das Gehirn der Teilnehmer mit dynamischem Selbstbild widmete Fehlern größere Aufmerksamkeit – wodurch sie im Anschluss weniger Fehler begingen. Jene mit festem Selbstbild hingegen waren für ihre Irrtümer offenkundig weniger empfänglich – und tappten daher weiter in die visuelle Falle.
Offenbar dient das dynamische Selbstbild demnach als eine Art Korrektiv: Fehler werden dadurch schneller bemerkt – und korrigiert. Alles reine Kopfsache.
Quelle:
Jason S. Moser, Hans S. Schroder, Carrie Heeter, Tim P. Moran, Yu-Hao Lee. Mind your errors: Evidence for a neural mechanism linking growth mindset to adaptive post-error adjustments. Psychological Science, 2011.
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