Eigentlich sollten Personalverantwortliche objektiv entscheiden, welchem Bewerber sie die Stelle geben. Doch laut einer neuen Studie spielt dabei häufig etwas anderes die Hauptrolle – der pure Zufall.
Egal ob in großen oder kleinen Unternehmen, egal in welcher Branche – Führungskräfte müssen vor allem Entscheidungen treffen. Dazu gehört es auch, Bewerbungsgespräche zu führen, sich danach für einen Bewerber zu entscheiden und einen anderen abzulehnen.
Nun sollte man meinen, dass die Verantwortlichen dabei objektiv vorgehen; dass sie jedem Bewerber eine Chance geben; und dass sie sich nicht von äußeren Umständen beeinflussen lassen. Hauptsache, der beste Kandidat bekommt den Job.
Von wegen.
Die beiden Wissenschaftler Uri Simonsohn (Wharton School) und Francesca Gino (Harvard) bekamen für eine Studie umfangreiche Daten einer amerikanischen Business School. Dort können Studenten den „Master of Business Administration“ ergattern.
Die Weiterbildung gilt immer noch als eine Art Eintrittskarte in die Chefetage. Wer den MBA hat, so heißt es zumindest, dem winkt die ganz große Karriere. Denn an einer Business School werden nur die Besten und Klügsten aufgenommen. Doch vor allem auch: die Glücklichsten.
Das legt zumindest die Analyse von Simonsohn und Gino nahe. Ihre Daten umfassten die Bewerbungen von etwa 9300 Personen, die sich zwischen den Jahren 2000 und 2009 an der Business School beworben hatten.
31 Hochschulangestellte hatten die Interviews geführt und den Bewerber hinterher in verschiedenen Kategorien bewertet, auf einer Skala von eins bis fünf. Im Schnitt führten sie etwa fünf solcher Gespräche täglich und vergaben eine Durchschnittsnote von 2,8 Punkten.
Nun sollte man davon ausgehen, dass sie jeden dieser fünf Kandidaten objektiv beurteilten; dass sie sich nicht von Ausreißern, egal ob gute oder schlechte, beeinflussen ließen. Doch das Gegenteil war der Fall.
Wenn ein Bewerber im Schnitt 0,75 Punkte besser war als derjenige vor ihm, dann sank die Bewerbung des darauffolgenden Kandidaten um 0,075 Punkte. Das klingt zunächst mal harmlos. Doch um diesen Nachteil wettzumachen, müsste der betroffene Bewerber beim Englisch-Test GMAT umgerechnet 30 Punkte mehr ergattern oder fast zwei Jahre mehr Berufserfahrung haben.
Simonsohn und Gino halten es für denkbar, dass ein Personalverantwortlicher nach vielen guten Kandidaten hintereinander gewissermaßen erwartet, dass nun mal ein schlechter kommen müsse – oder umgekehrt. So wie ein Spieler am Roulette-Tisch, der nach einer Weile „rot“ auf „schwarz“ setzt, nur weil er davon ausgeht, dass die Farbe langsam dran sei. Mit dem erheblichen Unterschied, dass der Personalverantwortliche gewissermaßen den Roulette-Tisch bedient.
Die Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass der Effekt in vielen Branchen und Situationen wirksam ist. Doch so fatal seine Wirkung für den Einzelnen auch sein kann, im Falle einer Absage kann er vielleicht auch trösten: Vielleicht hat man einfach Pech gehabt – und konnte selbst gar nichts dafür.
Quelle:
Uri Simonsohn und Francesca Gino. Daily Horizons: Evidence of Narrow Bracketing in Judgment From 10 Years of M.B.A. Admissions Interviews, Psychological Science
Die Macht des ersten Eindrucks wirkt nicht nur bei Menschen. Bewerbungsunterlagen unterliegen ebenso einer Subjektivität und das ist einerseits folgerichtig und andererseits unfair zufällig. Eine Standardisierung kann in diesem Vorfeld der Personalselektion jedoch auch nicht die Lösung darstellen.
Firmen sollten diesen Zusammenhängen die nötige Beachtung schenken, bedeuten Sie doch immer wieder auch verpasste Chancen offene Stellen bestens zu besetzen.
…wenn man bedenkt wie häufig neubesetzte Stellen wieder umbesetzt werden müssen, kommt es einem schon so vor, als wäre da gewürfelt werden. Entscheidend, neben den erwähnten Auswahlkriterien, ist wohl die Tatsache ob der zukünftige Chef wirklich gutes Personal verkraften kann. Oder ob er sich lieber selbst als Held darstellt – ohne ihn geht es einfach nicht…
Ganz gut in diesem Fall die Einstellung: „ich kann nichts dafür“