Angeblich läuft uns in gewissen Momenten das Wasser im Mund zusammen. Eine neue Studie beweist: Das Sprichwort stimmt tatsächlich – allein der Anblick von Geld und Autos kann unseren Speichelfluss steigern.
Sie kennen vielleicht die Experimente des russischen Mediziners Iwan Pawlow. Den so genannten Pawlowschen Hunden lief bereits dann das Wasser im Maul zusammen, wenn ihr Besitzer auf sie zukam, obwohl kein Futter in Sicht war. Pawlow vermutete, dass allein das Geräusch der Schritte die Sabberei auslöste. Die Hunde waren daran gewöhnt, dass es etwas zu fressen gibt, wenn sich ihr Besitzer nähert, oder womöglich freuten sie sich auf Streicheleinheiten. Klassische Konditionierung eben – und die funktioniert offenbar auch bei Zweibeinern.
Das ist das Fazit einer neuen Studie, die im kommenden Jahr in der Fachzeitschrift „Journal of Consumer Research“ erscheinen wird (die Redaktion hat offenbar sehr lange Vorlaufzeiten). David Gal, Assistenzprofessor an der Kellogg School of Management, machte sich dafür die jüngsten Erkenntnisse der Hirnforschung zunutze: Zahlreiche Wissenschaftler konnten nämlich zeigen, dass allein der Anblick von materiellen Dingen, etwa Geld, Sportwagen oder Luxusgüter ausreicht, um im Gehirn das Belohnungszentrum zu aktivieren. Genauso, als würden wir Essen zu uns nehmen oder Drogen konsumieren. Dieser Mechanismus wirkt sich offenbar auch auf unsere Mundpartie aus. Zumindest dann, wenn wir etwas sehr begehren.
Im ersten Experiment starrten 169 Studenten zunächst zwei Minuten lang auf einen Computerbildschirm, auf dem ein „X“ abgebildet war. Vorher hatte Gal ihnen Watteröllchen gegeben, die sie sich in den Mund stecken sollten. Nach Ablauf der Zeit sammelte der Wissenschaftler alle Wattebäusche ein und legte sie auf eine Waage. Warum? Dazu komme ich gleich.
Zur Ablenkung absolvierten die Teilnehmer danach zehn Minuten lang einige irrelevante Aufgaben und eine relevante: Sie sollten über eine Situation in ihrem Leben nachdenken, in der sie sich entweder machtvoll oder machtlos gefühlt hatten – und so detailgetreu wie möglich ihre damaligen Gefühle aufschreiben. Gal vermutete, dass die Gruppe der Machtlosen hinterher buchstäblich schärfer auf Geld sein würde. Dahinter verbirgt sich das so genannte Priming: Indem man sich gedanklich in eine Situation zurückversetzt, werden unsere tatsächlich empfundenen Gefühle manipuliert.
Gal sollte Recht behalten. Zuerst gab er den Probanden eine frische Watterolle, dann zeigte er den einen Bilder von Bargeld, die anderen schauten auf Büromaterial. Zu guter Letzt wog Gal die Wattebäusche wieder. Und siehe da: Der empfundene Machtzustand hatte einen signifikanten Einfluss auf die Spucke derjenigen, die das Geld sahen.
Wer zuvor auf Machtlosigkeit „geprimed“ worden war, produzierte nun im Schnitt 3,06 Gramm Spucke – beim Anblick des „X“ waren es nur 2,29 Gramm gewesen. Ein signifikanter Unterschied. Bei der Gruppe der „machtvollen“ Studenten war der Unterschied nur marginal. „Die Speichelbildung wird durch monetäre Anreize angeregt“, schreibt David Gal, „aber nur dann, wenn von Geld ein besonderer Reiz ausgeht.“
Schicke Sportwagen
Aber nicht nur davon: Auch Sportwagen können uns das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. So lautet das Fazit des zweiten Experiments. Hier sahen 97 männliche Studenten Fotos von drei attraktiven Frauen und sollten sagen, mit welcher sie sich am liebsten treffen würden. Genau ein solches Date sollte sich die eine Hälfte der Probanden dann ausmalen und aufschreiben, wie das perfekte Rendezvous aussieht. Die Kontrollgruppe hingegen sah Fotos dreier Friseurläden, sie sollten sich für einen entscheiden und einen Erlebnisbericht dieses Besuchs schreiben.
Die „Date“-Gruppe sah nun Bilder von schicken Luxuswagen, die „Friseur“-Gruppe blickte auf Werkzeuge. Das Ergebnis war dasselbe: Wieder erhöhte das Priming den Speichelfluss. Wer sich gedanklich auf ein Date vorbereitet hatte und danach Sportwagen anguckte, dem lief das Wasser im Mund zusammen – weil solch ein schickes Auto vor dem Hintergrund des Rendezvous besonders erstrebenswert war.
Hinter dem Sprüchlein steht demnach mehr als eine reine Metapher, sondern vielmehr ein physiologischer Prozess. Schon materielle Anreize setzen unseren Speichelfluss in Gang – vorausgesetzt, sie stellen eine Belohnung dar.
Dass solche emotionalen Muster sich auf andere Situationen übertragen erlebe ich jeden Tag in der Praxis. Jemand, der ein Erlebnis nicht bewältigt hat, das er als „bodenlos“ erlebte entwickelte im Skilift später eine Höhenangst. Oder die Frau, die als Kind einen Vater hatte, der 0% kompromissbereit war entwickelte als Erwachsene eine Spinnenangst. Nicht kontrollieren zu können wohin das Viech sich bewegt erinnerte an die Hilflosigkeit, dem Vater vollkommen ausgeliefert zu sein. Das Gute daran: Die alten Muster sind veränderbar!
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