Schriftliche Prüfung – 20 Lebenslektionen als Buchautor

Ab morgen gibt es „Ich denke, also spinn ich“, das Buch von Jochen Mai und mir, auch als Taschenbuch. Daher aus aktuellem Anlass: Meine persönlichen Lebenslektionen als Buchautor.

1. Der Mensch neigt zur Unzufriedenheit. Wer mir vorher gesagt hätte, dass wir es auf Platz 23 der Spiegel-Bestsellerliste schaffen, den hätte ich entweder umarmt, zum Bier eingeladen oder für verrückt erklärt. Aber viel interessanter ist: Als wir es in der zweiten Woche auf die Liste schafften, hoffte ich darauf, dass wir es in der dritten Woche unter die Top 20 schaffen. Dann wird man erstens im gedruckten „Spiegel“ gelistet und liegt zweitens in allen Buchhandlungen prominent aus. Falsch gehofft. Und was passierte? Genau: Ich ärgerte mich eine Weile – obwohl ich Platz 23 vorher großartig gefunden hätte.

2. Kritik trifft ins Herz – immer. Wer das Gegenteil behauptet, der lügt. Das eigene Werk ist ja fast so etwas wie ein Baby – und das finden die Eltern auch niemals hässlich.

3. Du kannst es nie allen recht machen. Egal wie viel Mühe du dir gibst – es wird immer, immer, immer jemanden geben, der etwas zu kritisieren hat. Du musst bloß lernen, die konstruktiven Kritiker von den destruktiven Misanthropen zu unterschieden.

4. Abneigung ist ein Erfolgsindikator. Deine Arbeit sollte die Menschen bestenfalls berühren, begeistern oder inspirieren. Hauptsache, sie bewirkt irgendeine emotionale Regung. Doch was beim einen Sympathie auslöst, ruft beim anderen Abneigung und Widerspruch hervor. Erfolg ist ohne Abneigung nicht denkbar.

5. Finde die Mitte zwischen Kritikempfänglichkeit und Abgezocktheit. Ein schmaler Grat. Wer sich Kritik zu sehr zu Herzen nimmt, (ver)zweifelt irgendwann an sich selbst. Wer sich selbst für den Größten hält, wird irgendwann tief fallen. Es kommt also darauf an, den gesunden Mittelweg zu finden. Schwierig, aber machbar.

6. Geld ist der falsche Motivator. Falls du etwas tust, um damit reich zu werden – gute Reise. In Deutschland erscheinen jedes Jahr etwa 100.000 neue Bücher. Die Anzahl der Menschen, die mit Büchern viel Geld verdienen, kann man an einer Hand abzählen.

7. Kreativität geht nicht auf Knopfdruck. Es ist okay, sich abzulenken, im Internet herumzusurfen, andere Bücher zu lesen. Mehr noch: Es muss sogar sein. Die kreativsten Momente kommen immer unerwartet. Unter der Dusche, beim Spazierengehen, beim Nichtstun.

8. Scheiß auf Zeitmanagement-Literatur. Der eine funktioniert nur unter Druck, der andere braucht Entspannung. Der eine ist früh morgens am besten, der andere spät in der Nacht. Finde heraus, was für dich am besten funktioniert, und bleib dabei.

9. Schreib dein Arbeitspensum auf. Täglich. Das ist der einzige Produktivitätstipp, der wirklich hilft. Du wirst erstaunt sein, wie wenige Stunden du wirklich effektiv und konzentriert arbeitest.

10. Kreative Arbeit ist immer eine Qual. Egal ob du ein Buch schreibst, ein Bild malst oder sonst irgendetwas Neues erschaffst – jede kreative Arbeit umfasst drei Phasen: Zunächst wirst du deine Idee vollkommen grandios finden. Zwischendurch wirst du sie für völlig bescheuert und glauben, dass sie ohnehin niemanden interessieren wird. Und am Ende bist du glücklich, dass du es hinter dich gebracht hast. Qualität kommt von Quälen. Ja ja, das klingt furchtbar abgedroschen – es stimmt aber trotzdem.

11. Die Erfolgreichsten sind nicht immer die Besten.

12. Die Besten sind nicht immer die Erfolgreichsten.

13. Neid kann motivieren. Lass dich bloß nicht davon kaputt machen.

14. Drück dich so einfach wie möglich aus. Die Kunst ist nicht, komplizierte Sachverhalten noch komplizierter zu formulieren. Das Leben ist schon schwierig genug. Im Zweifelsfall: Lieber auf ein Fremdwort verzichten.

15. Ironie in Schriftform ist so gut wie unmöglich. Wer es versucht, riskiert Missverständnisse (siehe Punkt 3.).

16. Es ist schwieriger, lustig zu schreiben als traurig.

17. Schreiben hilft bei der Suche nach der inneren Stimme. Jeder schreibt so, wie er ist. Extrovertierte stehen auf dem rhetorischen Gaspedal, Introvertierte weniger. Finde deine Stimme und bleib dabei. Alles andere ist aufgesetzt.

18. Besorg dir einen Bibliotheksausweis. Alles um uns herum wird immer lauter und hektischer. In Bibliotheken ist es immer schön leise. Außerdem bist du umgeben von Wissen – und es kostet nur ein paar Euro im Jahr.

19. Gewöhn dich daran, dich auch mal dumm zu fühlen. Klingt blöd, ist aber gut – und ein Zeichen dafür, dass du wächst.

20. Belohn dich. Was wolltest du schon immer mal haben? Kauf es dir, wenn das Projekt beendet ist. Am besten natürlich etwas, das lange hält. Eine Uhr zum Beispiel oder von mir aus ein Kerzenleuchter. Hauptsache, der Gegenstand erinnert dich immer an dein Projekt.

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Hier ein paar Auszüge aus dem Buch:

Der Barnum-Effekt – Warum wir Horoskopen glauben

Der Propinquity-Effekt – Wie Freundschaften entstehen

Der Westermarck-Effekt – Warum alte Freunde als Partner ausscheiden

Der Effort-Effekt – Warum Lob auch schaden kann

Der Roseto-Effekt – Wie wir unser Leben verlängern können

Der Coolidge-Effekt – Warum Männer fremdgehen

Das Impostor-Syndrom – Warum sich manche keinen Erfolg gönnen

1 Kommentar

  1. Herzlichen Dank für diese ehrlichen Worte ich hab mich zu 100% darin gefunden, besonders in den eher negativen Punkte. Punkt 10: Jaaaa so ist das!
    Freue mich auf mein Buch, das im Moment tatenlos rumliegt…

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