Seit Jahrtausenden ist es unter Menschen üblich, sich zur Begrüßung die Hände zu schütteln. Laut einer neuen Studie ist dieses Ritual tief in uns verankert: Bestimmte Hirnregionen reagieren auf einen Handschlag.
Angeblich gibt es keine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu hinterlassen. Das Sprichwort zielt darauf ab, dass wir uns beim ersten Treffen benehmen sollen. Und zu dieser Etikette gehört es auch, sich bei der Begrüßung die Hände zu schütteln – alles andere gilt als Affront oder schlechtes Benehmen.
Der Handschlag hat sich als Begrüßungsritual durchgesetzt. Und das scheint inzwischen auch tief in unserem Gehirn verankert zu sein. Zu diesem Ergebnis kommen zumindest Neurowissenschaftler von der Universität von Illinois in einer neuen Studie.
An dieser Stelle zwei kurze Exkurse.
Das Gehirn
Unser Gehirn besteht aus drei Schichten, die miteinander verbunden sind.
1. Der Hirnstamm
Er sitzt tief in unserem Gehirn. Dort werden grundlegende körperliche Funktionen geregelt, zum Beispiel Atmen, Schlucken oder Verdauen.
2. Das limbische System
Es ist eine Art Vermittler zwischen unserem Verhalten, unseren Gefühlen und Gedächtnisleistungen. Drei Teile gehören zu ihm: Erstens der Hippocampus. Der Begriff geht zurück auf den lateinischen Namen für das Wort „Seepferdchen“. Er liegt auf beiden Seiten des Gehirns liegt und spielt eine zentrale Rolle dabei, ob wir uns Daten, Fakten und Erlebnisse einprägen. Zweitens der Mandelkern (Amygdala), der emotionale Gedächtnisinhalte formt. Und drittens der Hypothalamus, der physiologische Prozesse wie Essen, Trinken oder die Körpertemperatur organisiert.
3. Das Großhirn
Dieses wird auch cerebraler Cortex genannt und ist gewissermaßen die äußere Oberfläche des Gehirns. Das Großhirn ist unterteilt in zwei fast gleiche Hälften, die miteinander verbunden sind: die cerebralen Hemisphären. In jeder davon befinden sich vier Areale, auch Hirnlappen genannt:
– Der Frontallappen, der den motorischen Kortex enthält. Er regelt zum einen die motorische Kontrolle und erlaubt es uns zum anderen, zu planen oder zu entscheiden.
– Der Parietallappen enthält den somatosensorischen Cortex, der für Empfindungen zuständig ist – Berührungen, Schmerz, Hitze und Kälte, solche Sachen.
– Der Okzipitallappen, der visuelle Informationen bereitstellt
– Der Temporallappen. Er enthält einerseits den auditorischen Cortex, der Informationen von unseren Ohren erhält. Und andererseits sitzt dort eben auch der Hippocampus.
In den vergangenen Jahren haben Wissenschaftler zahlreiche Erkenntnisse darüber gewonnen, wie unser Gehirn funktioniert – vor allem dank dieser vier Technologien.
Blick ins Gehirn
1. Elektroenzephalogramm (EEG)
Dabei werden Elektroden am Schädel befestigt, um die elektrische Aktivität im Gehirn aufzuzeichnen.
2. Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
Hier bekommen die Probanden radioaktive, aber ungefährliche Substanzen injiziert. Diese wandern über das Blut ins Gehirn, wo die Gehirnzellen sie aufnehmen. Spezielle Geräte zeichnen nun die Radioaktivität auf, die bestimmte Zellen während einer Aktivität abgeben. Die höchste Aktivität wird auf dem Bildschirm rot dargestellt, niedrigere Aktivität orange, gelb, grün und blau.
3. Magnetresonanztomographie (MRT)
Mit Magnetfeldern und Radiowellen erzeugen Wissenschaftler Energieimpulse im Gehirn. Wird der Magnetimpuls nun auf eine bestimmte Frequenz hochgedreht, richten sich einige Atome im Magnetfeld aus. Wird der Impuls abgeschaltet, versetzen sich die Atome in ihre Ursprungslage – und fangen an zu vibrieren. Diese Resonanz zeichnet ein Empfänger auf und leitet sie an einen Computer weiter. So können die Forscher sehen, welche Hirnareale aktiv sind.
4. Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT)
Die PET hat den Vorteil, dass sie Informationen über Gehirnfunktionen liefert. Die MRT stellt anatomische Details am deutlichsten dar. Die fMRT ist sozusagen die optimale Kombination aus diesen beiden Verfahren. Erstens muss den Probanden nichts injiziert werden, zweitens erzeugt sie dreidimensionale Bilder des gesamten Gehirns und liefert dadurch drittens sowohl Informationen über die Gehirnaktivität als auch die Gehirnstruktur.
Genau diese Technologie machten sich für ihre Studie auch Sanda Dolcos und ihre Kollegen zunutze. 18 Personen im Alter von 18 bis 34 sahen zehnsekündige Videos, auf denen zwei computeranimierte Personen aufeinander trafen. Mal schüttelten sie sich die Hand, mal nicht.
Wenig überraschend: Schüttelten sich die Personen im Video die Hände, bekamen sie von den Freiwilligen höhere Werte in puncto Interesse, Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit. Schon überraschender: Diese Reaktion schlug sich auch im Gehirn nieder.
Während die Probanden die Videos anschauten, waren sie an einen fMRT angeschlossen. Und siehe da: Das Gehirn reagierte auf den Handschlag. Höhere Aktivität zeigte unter anderem die Amygdala.
Sie gibt es in jeder Hirnhälfte einmal. Ihre Hauptaufgabe ist es, Erlebnisse mit Emotionen zu füllen. Sind wir zum Beispiel in Gefahr, setzt sie Prozesse in Gang, die Puls und Blutdruck in die Höhe treiben. Sie sorgt also dafür, dass wir brenzlige Situationen nicht so schnell vergessen.
Doch offenbar ist sie auch dafür zuständig, soziale Situationen zu bewerten – und sei es nur etwas so vermeintlich Profanes wie ein Handschlag. Die Macht des ersten Eindrucks schlägt sich also offenbar auch in unserem Gehirn nieder.
Quelle:
Sanda Dolcos et al (2012). The Power of a Handshake: Neural Correlates of Evaluative Judgments in Observed Social Interactions. Journal of Cognitive Neuroscience
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