Stress senkt die Risikofreude

Hormone beeinflussen offenbar die Geldanlage: Laut einer neuen Studie senkt das Stresshormon Cortisol die Bereitschaft, finanzielle Risiken einzugehen.

Ohne Risiko geht es nicht. Egal ob im Beruf oder im Privatleben – wir können uns nie ganz sicher sein, ob wir richtig liegen. Die Kunst ist es, Risiken, richtig zu kalkulieren – und Chancen auch mal sausen zu lassen, wenn die Lage zu brenzlig wird.

Genau daran scheitern Investoren an der Börse immer wieder aufs Neue. Der eine wird zu gierig, der andere größenwahnsinnig, das Resultat ist dasselbe: Das Risiko erweist sich als zu hoch. Und schwupps: ist das Geld futsch.

Nun gingen Forscher bislang davon aus, dass Risikobereitschaft eine relativ stabile Eigenschaft ist. Oder anders gesagt: Dass Menschen eine unterschiedliche Lust am Wagnis haben. Vorsicht hier, Abenteuerlust dort.

Doch offenbar stimmt nicht. Denn laut einer neuen Studie wird unsere Lust am finanziellen Abenteuer auch von unseren Hormonen beeinflusst.

John Coates war früher Händler bei Goldman Sachs und der Deutschen Bank. Heute forschert er an der Universität von Cambridge. Für seine neue Studie gewann er 20 Männer und 16 Frauen im Alter zwischen 20 und 36.

Sieben Tage hintereinander nahmen sie drei Mal täglich Hydrocortison, die pharmazeutische Form von Cortisol – ein Stresshormon, das vor allem bei Anspannung und Aufregung ausgeschüttet wird. Um die Einnahme zu überprüfen, hinterließen sie Coates jeden Tag eine Speichelprobe. Der Clou war allerdings: Die Hälfte der Testpersonen bekam ein Placebo verabreicht. Sie gingen also nur davon aus, das Hormon einzunehmen.

Im Laufe der Woche nahmen die Probanden nun vier Mal an einem Computerspiel teil, bei dem sie Geld gewinnen konnten. Bei Option A konnten sie mit hoher Wahrscheinlichkeit 30 britische Pfund gewinnen – und mit sehr viel Glück 90 Pfund. Option B lockte ebenfalls mit einem Gewinn von 90 Pfund – allerdings mit der Gefahr, komplett leer auszugehen. Mit anderen Worten: Option B war für Wagemutige, Option A für Angsthasen.

Wie sich die Freiwilligen entschieden? Es kam drauf an. Die Placebo-Gruppe ließ sich im Laufe des Versuchs nicht beeinflussen. Anders war das bei der Cortisol-Gruppe. Ihre Risikobereitschaft sank erheblich – und zwar insgesamt um 44 Prozent.

„Jeder Aktienhändler weiß, dass die Märke seinen Körper auf eine Achterbahnfahrt schicken“, sagt Coates. Und diese Fahrt, so zeigt seine Studie, kann das Verhalten erheblich beeinflussen.

Quelle:
John Coates et al (2014). Cortisol shifts financial risk preferences. Proceedings of the National Academy of Sciences

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