Belohnungen sollen Menschen zu einem bestimmten Verhalten motivieren. Nach dem Motto: Je besser die Leistung, desto höher der Bonus. Theoretisch eine gute Idee. Praktisch jedoch sind solche positiven Anreize suboptimal.
Wie bringt man Menschen dazu, etwas gerne zu tun? Bedarf es externer Anreize? Und wenn ja, welcher – ist das sprichwörtliche Zuckerbrot besser als die Peitsche? Anders formuliert: Helfen positive Belohnungen oder negative Bestrafungen?
Mit diesen Fragen beschäftigen sich Experten und Betroffene schon seit Jahrzehnten, egal ob Forscher und Eltern, Lehrer oder Vorgesetzte. Jetzt erhält die Diskussion neuen Gesprächsstoff. „Negative Anreize motivieren mitunter stärker als positive“, behaupten zumindest Kelly Goldsmith (Kellogg School of Management) und Ravi Dhar (Yale Universität) in einer neuen Studie.
Im ersten Experiment sollten 62 Studenten Anagramme lösen. Dabei sahen sie Buchstabenreihen wie zum Beispiel „etkbas“, die sie zu einem sinnvollen Wort umformen sollten („basket“). Manche waren leichter, andere schwieriger.
Vorab teilten die Forscher die Probanden in zwei Gruppen. Die einen erfuhren: Pro richtig gelöstem Anagramm gab es 25 Cent, maximal winkten 1,50 Dollar. Die anderen erhielten vor Beginn der Übung 1,50 Dollar. Pro falsch gelöstem Anagramm zog Goldsmith 25 Cent wieder ab.
Bei allen ging es also um dieselbe Summe. Die einen mussten sich allerdings anstrengen, um Geld zu gewinnen. Die anderen mussten sich abmühen, es nicht zu verlieren. Bei Gruppe A winkte eine Belohnung, bei Gruppe B eine Bestrafung.
Nun setzten sich alle an die Aufgaben. Goldsmith kontrollierte derweil mit einer Stoppuhr, wie lange sie arbeiteten, gewissermaßen als Indikator für die Motivation. Und siehe da: Gruppe A tüftelte nur etwa 9,5 Minuten. Gruppe grübelte mehr als 15 Minuten.
Genauso war es in einem weiteren Experiment mit älteren Probanden. Wieder gaben sich jene Teilnehmer, die etwas zu verlieren hatten, mehr Mühe als jene, die etwas gewinnen konnten.
Dafür verantwortlich ist nach Ansicht von Kelly Goldsmith der Negativitätsbias: Demnach lassen sich die meisten Menschen von schlechten Nachrichten stärker beeindrucken als von positiven. Die Angst, Geld zu verlieren ist offenbar größer als die Aussicht, es zu gewinnen. Die Bestrafung überstrahlt die Belohnung.
Warum setzen die meisten Unternehmen dennoch auf positive Anreize? Einen möglichen Hinweis fand Goldsmith in den letzten Experimenten. Hier sollten sich die Freiwilligen ausmalen, was sie eher anspornt. Das Ergebnis war immer gleich: Die Befragten rechneten fest damit, dass eine Belohnung sie stärker antreiben würde als eine Bestrafung, und dass sie währenddessen auch mehr Spaß hätten – obwohl die Anagramm-Aufgaben das Gegenteil gezeigt hatten.
Offenbar denken viele fälschlicherweise, dass eine positiv formulierte Belohnung besser anstachelt. Dabei gilt vielmehr: Die Macht der Verlustangst ist so groß, dass sich Menschen davon stärker motivieren lassen. Zumindest bei kurzen Aufgaben.
Quelle:
Kelly Goldsmith und Ravi Dhar (2013). Negativity Bias and Task Motivation: Testing the Effectiveness of Positively versus Negatively Framed Incentives, Journal of Experimental Psychology: Applied
Vorteilhafter ist es, Mitarbeiter entsprechend ihrem Standard durch konkrete Zielvereinbarungen positiv zu entlohnen. Erzielt das Unternehmen das Ergebnis, die Mitarbeiter mit ihren geistigen Ressourcen unternehmensidentifiziert zu erreichen, ist das ein unbezahlbarer betriebswirtschaftlicher Vorteil. (Auszug aus „Mediation im Arbeitsrecht“ Autor A. Franke Akademikerverlag Saarbrücken ISIN 978-3-639-46067-4)
Das Paper kann man sich auch woanders und ohne einen entsprechenden Zugang zu haben, für lau herunterladen: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1817902