Warum machen Erlebnisse glücklicher?

Glücksforscher plädieren dafür, Geld für Erlebnisse auszugeben anstatt für Gegenstände. Aber warum? Weil Erlebnisse uns buchstäblich näher sind, resümieren jetzt zwei US-Psychologen – und deshalb länger im Gedächtnis bleiben.

Soll ich oder soll ich nicht? Seitdem am vergangenen Mittwoch das neue iPad präsentiert wurde, überlege ich, ob ich es mir kaufen soll. Mindestens 479 Euro soll es kosten – dafür könnte man schon fast eine Woche verreisen. Was wäre, psychologisch gesehen, besser: iPad oder Urlaub? Daniel Gilbert würde sicher zum Urlaub raten.

Der Psychologieprofessor der Harvard Universität beschäftigt sich schon seit vielen Jahren damit, was Menschen glücklich macht – und was nicht. Eine seiner wichtigsten Regeln für ein glückliches Leben lautet: Geben Sie Ihr Geld für Erlebnisse aus! Und zwar aus drei Gründen: Erstens gewöhnen wir uns schneller an Gegenstände, zweitens bleibt ein Erlebnis länger im Gedächtnis, und drittens teilen wir es häufig mit anderen Menschen – und Gemeinschaft ist eine der größten Glücksquellen überhaupt.

Dem würde vermutlich auch der Psychologe Travis Carter von der Universität von Chicago nicht widersprechen. Doch in einer neuen Studie hat Carter eine weitere Erklärung dafür gefunden, warum Erlebnisse uns glücklicher machen.

Gemeinsam mit seinem Doktorvater, dem renommierten Psychologieprofessor Thomas Gilovich von der Cornell Universität, stellte er Hunderten von Teilnehmern in insgesamt sieben Experimenten verschiedene Aufgaben. Bei einem Versuch sollten sich 52 Studenten an acht Einkäufe erinnern, die sie in den vergangenen Jahren getätigt hatten – vier Gegenstände und vier Erlebnisse. Nun bekamen sie einen Stift in die Hand und ein Blatt Papier. Ein Kreis in der Mitte des Blattes stand für sie selbst, um ihn herum sollten sie nun die acht verschiedenen Käufe in Kreisform malen – je nachdem, wie nah sie ihnen waren.

Hinterher berechneten die Wissenschaftler, wie viel Entfernung die Teilnehmer zwischen ihrem Selbstbild und den einzelnen Kreisen gelassen hatten. Und siehe da: Die Erlebnisse malten sie im Schnitt mehr als 10 Prozent näher an ihr Ego heran. „Erfahrungen sind den Menschen buchstäblich näher als Besitztümer“, meint Carter.

Das bestätigte sich auch in den weiteren Experimenten. Bei einem sollten 90 Studenten ihre Lebensgeschichte aufschreiben – inklusive besonderer Dinge, die sie sich mal gegönnt hatten. Wieder fielen den Probanden mehr Erlebnisse ein als Gegenstände. In einem anderen Versuch gingen die Teilnehmer davon aus, dass das Wissen um die Erlebnisse einer Person mehr über sie aussagt als ihre Besitztümer.

Im Gedächtnis

Schon seit langem beschäftigen sich schlaue Menschen damit, was unser Selbstbild prägt. Eine große Rolle spielen Erinnerungen: „Sie machen uns zu dem, was wir sind“, resümiert Travis Carter, „und Erlebnisse tragen zu Erinnerungen erheblich bei.“ Und zwar stärker als Gegenstände.

Hinzu kommt: Erlebnisse führen seltener zu Reue – weil wir dazu neigen, selbst negative Ereignisse zu verklären. Über einen verregneten Urlaub können wir rückblickend lachen und uns daran erinnern, wie wir das Mistwetter überbrückt haben. Das fällt bei Gegenständen, mit denen wir im Nachhinein unzufrieden sind, schon erheblich schwerer.

Folgt man der neuen Studie von Travis Carter, müsste ich also auf den Kauf des neuen iPads verzichten. Aber schön ist das Gerät ja schon…

Quelle:
Travis J. Carter und Thomas Gilovich (in press). I Am What I Do, Not What I Have: The Differential Centrality of Experiential and Material Purchases to the Self. In: Journal of Personality and Social Psychology.

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