Selbstkasteiung gilt als schmerzhafte Methode, um für die eigenen Sünden zu büßen. Ein australischer Forscher hat jetzt den Zusammenhang zwischen Schuld und Sühne nachgewiesen: Schmerzen lindern das schlechte Gewissen.
Brock Bastian von der Universität von Queensland gewann für seine Studie 62 Teilnehmer und teilte sie in zwei Gruppen auf. 39 von ihnen sollten 15 Minuten lang über eine Situation schreiben, in der sie sich unmoralisch verhalten hatten. Die anderen 23 sollten hingegen ein unspektakuläres Alltagserlebnis notieren.
Das Prinzip dahinter nennt sich Priming. Bastian ging es darum, bei den Probanden bestimmte Gefühle hervorzurufen. Genauer gesagt sollten sie durch die Erinnerung an das eigene unethische Verhalten ein schlechtes Gewissen bekommen.
Nach der Schreibübung mussten alle Teilnehmer in einem Fragebogen ankreuzen, wie sie sich in dem beschriebenen Moment gefühlt hatten – und auch, wie schuldig sie sich gefühlt hatten.
Nun teilte Bastian alle 62 Teilnehmer in zwei Gruppen auf. Die einen sollten eine Hand so lange wie möglich in einen Eimer mit Eiswasser halten, die anderen durften eine Hand 90 Sekunden lang in lauwarmes Wasser legen.
Ergebnis: Wer zuvor über ein Alltagserlebnis geschrieben hatte, hielt die Hand im Schnitt 64,4 Sekunden in das eiskalte Wasser. Wer jedoch von seinem unmoralischen Verhalten berichtet hatte, hielt durchschnittlich 86,7 Sekunden durch.
Offenbar führte die Erinnerung an das eigene Vergehen zu einem erhöhten Durchhaltevermögen – obwohl just jene Teilnehmer den durch das Eiswasser ausgelösten Schmerz am stärksten empfanden.
Zu guter Letzt befragte Bastian die Teilnehmer erneut nach ihren Schuldgefühlen. Und siehe da: Wer seine Hände in Eiswasser gehalten hatte, empfand sein Verhalten nun weit weniger schlimm. Der Schmerz durch das Eiswasser linderte demnach die Schuldgefühle. Wer seine Hände in warmem Wasser gebadet hatte, änderte seine Einstellung hingegen nicht.
Schmerz hat damit also tatsächlich eine Art reinigende Wirkung, schließen die Wissenschaftler. Man kann ihn demnach als eine Art psychologische Währung verstehen, die man in die Waagschale werfen kann, um das gestörte Gleichgewicht im Gerechtigkeitsgefühl auszugleichen.
Dabei scheint der Schmerz gleich mehrere Funktionen zu erfüllen, glauben die Forscher: Zum einen ist er der Preis, durch dessen Zahlung man seine moralische Reinheit wiederherstellen kann. Weiterhin signalisiert er anderen die eigene Reue und zeigt, dass man bereit ist, diesen Preis zu zahlen. Und schließlich ist das Ertragen von Schmerz auch ein Zeichen der eigenen Stärke und hilft, das positive Selbstbild wiederherzustellen.
[via Economist]