Wer, wie, was – Die Sesamstraße im Hirnscan

Fernsehen ist schädlich für Kinder? Nicht unbedingt: Laut einer neuen Studie amerikanischer Forscherinnen liefern Kinderserien faszinierende Einblicke in die Gehirnentwicklung Heranwachsender.

„Wer, wie, was? Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm!“ Und, hat sich der Ohrwurm schon eingenistet?

Die Sesamstraße gilt als eine der erfolgreichsten Serien aller Zeiten. Generationen von Kindern ließen sich von Ernie und Bert, dem Krümelmonster oder Graf Zahl begeistern. Doch die Serie war nicht nur lustig, sondern auch pädagogisch wertvoll.

Die plüschigen Darsteller brachten den kleinen Zuschauern in Dialogen und Gesangseinlagen regelmäßig Sachen bei, egal ob Rechnen, Zählen oder die Bedeutung verschiedener Wörter. Und von diesem unterhaltsamen Unterricht profitiert auch das Gehirn der Kinder – sogar messbar.

So lautet zumindest das Fazit einer neuen Studie von Neurowissenschaftlern der Universität von Rochester. Jessica Cantlon und Rosa Li gewannen für ihre Untersuchung zwei verschiedene Gruppen von Freiwilligen. Zum einen 27 Kindern im Alter zwischen vier und elf, zum anderen 20 Erwachsene zwischen 18 und 25.

In der ersten Runde sahen alle etwa 20 Minuten lang Videoclips von Kinderserien wie der Sesamstraße. Darin ging es zum Beispiel um Zahlen, Planeten oder Länder. In der zweiten Runde sahen die Probanden auf einem Monitor jeweils zwei Objekte – Gesichter, Zahlen, Wörter oder Formen. Sie sollten nun entschieden, ob die zwei Objekte identisch oder unterschiedlich waren.

Das Besondere war allerdings: In beiden Runden waren die Freiwilligen an einen funktionellen Magnetresonanztomographen angeschlossen. Damit können Wissenschaftler vereinfacht gesagt sehen, welche Hirnareale aktiv sind. Außerdem absolvierten die Kinder zwei Tests, um ihre verbalen und mathematischen Fähigkeiten zu prüfen.

Und dabei entdeckte Cantlon einen interessanten Zusammenhang: „Das Ausmaß, in dem die Gehirne der Kinder wie die Gehirne der Erwachsenen reagierten, korrelierte mit ihren Fähigkeiten.“ Mit anderen Worten: Die Aktivität der kindlichen Gehirne beim Betrachten der Sesamstraße ließ Rückschlüsse auf ihre verbalen und mathematischen Fähigkeiten zu.

Vor allem zwei Hirnregionen waren entscheidend. Erstens der intraparietale Sulcus. Klingt erstmal furchteinflößend kompliziert, ist aber gar nicht so schwierig.

Zur Erklärung: Unser Großhirn besteht aus zwei Hälften, in jeder davon befinden sich vier Areale, auch Hirnlappen genannt. Wichtig: Diese Regionen arbeiten nie ganz für sich allein, aber jede ist an gewissen Handlungen mehr beteiligt als andere.

Der Stirnlappen beheimatet unter anderem den präfrontalen Cortex, der für Entscheiden und Handeln zuständig ist. Der Scheitellappen verarbeitet Empfindungen wie Berührungen oder Schmerz. Und in diesem Scheitellappen sitzt auch der intraparietale Sulcus, kurz IPS.

Schon länger vermuten Wissenschaftler, dass diese Hirnregion so etwas wie unser Rechenzentrum ist; dass sie uns erlaubt, Zahlen erstmal zu erfassen, zu begreifen und zu berechnen. Das bestätigt nun die Studie von Cantlon. Denn sie bemerkte in ihrer Analyse: Kinder, deren IPS-Aktivität denen erwachsener Gehirne ähnelte, schnitten in den Mathetests besonders gut ab.

Zweitens bemerkte Cantlon einen weiteren Zusammenhang. Das so genannte Broca-Areal, benannt nach dem gleichnamigen französischen Arzt, ist daran beteiligt, dass wir überhaupt sprechen können. In Cantlons Studie zeigte sich nun: Kinder, deren Broca-Areal ähnlich wie das der Erwachsenen reagierte, erreichten in den verbalen Tests besonders viele Punkte.

Offenbar ist Fernsehen also längst nicht immer schlecht. Es kommt wohl viel eher darauf an, was die Kleinen gucken – und wie lange.

Und nun – Auftritt Elmo:

Quelle:
Jessica Cantlon, Rosa Li (2013). Neural Activity during Natural Viewing of Sesame Street Statistically Predicts Test Scores in Early Childhood. PLoS Biology, Band 11, Ausgabe 1

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